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Chemie wurde Teil des Problems

In den 1980er Jahren habe ich in Weihenstephan Forstwirtschaft studiert, Thema meiner Diplomarbeit war „Die Varroatose der Honigbienen“. Als Förster versucht man stets, die in natürlichen Systemen steckenden Energien zu erkennen und zu nutzen - nicht gegen, sondern mit der Natur zu arbeiten. Chemische Keulen sind meist nur in kurzzeitigen Notsituationen sinnvoll.
 

Und auch bei der Varroabekämpfung erweist sich die seit Jahrzehnten praktizierte chemische Bekämpfung zunehmend als Sackgasse: Im Lauf der letzten 40 Jahre verringerte sich kontinuierlich die für das Absterben eines Bienenvolkes bei uns erforderliche Anzahl an Varroamilben. Während Anfang der 1980er Jahre Bienenvölker mit 10.000 Varroamilben meist noch gut über den Winter gekommen sind, liegt heute der kritische Wert bei etwa 3.000 Milben/Bienenvolk. Die Bienen sind offensichtlich immer empfindlicher gegen den Befall mit diesem Parasiten geworden. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken „musste“ - ebenfalls kontinuierlich - die chemische Varroabekämpfung intensiviert  werden - vor 40 Jahren war im Jahr ein einmaliger Chemieeinsatz im Winter ausreichend, heute „muss“ zusätzlich auch im Sommer mindestens einmal chemisch bekämpft werden, und weitere Steigerungsmöglichkeiten der chemischen Bekämpfung sind in Erprobung.

Wenn man diese Entwicklung kritisch hinterfragt, drängt sich der Gedanke auf, ob die chemische Bekämpfung nicht ein Teil dieses Problems (geworden) ist. Hierfür spricht, dass der über Jahrzehnte ausgeübte, ständig gestiegene Chemieeinsatz mit einer fatalen Selektionswirkung bei unseren Bienen verbunden ist: Begünstigt werden nicht die Bienenvölker, die besonders robust gegenüber der Varroamilbe und die von ihr übertragenen Krankheiten sind, sondern die Bienenvölker, welche die chemische Bekämpfung „gut“ vertragen. Und ebenso fatal ist, dass auch beim Parasiten die Selektion in gleicher Weise gefördert wird - wer die chemische Bekämpfung am besten wegsteckt, gewinnt. Des Weiteren spricht auch für diese Denke, dass die Bekämpfung, z.B. durch das Verdampfenlassen 60%iger Ameisensäure im Bienenstock, nicht selektiv nur bei den Varroamilben wirkt, es belastet auch die einzelnen Bienen erheblich. Und weiter: Die Bekämpfungen belasten auch das Bienenvolk als Ganzes. Vergleichbar mit einem Medikament bei uns Menschen, das als Nebeneffekt die Darmflora stark stört, schädigen viele der eingesetzten Mittel zusätzlich die im komplexen System Bienenstaat helfenden Mikroorganismen. Als natürliches Abwehrsystem sind diese für die Gesundheit eines Bienenvolkes von großer Bedeutung.

Ich hoffe, dass möglichst viele Imkerkolleginnen und Imkerkollegen dieses Konzept aufgreifen – es hätte dann u. a. das Potential, die Vitalität unserer Honigbienen auf breiter Fläche zu erhöhen - nicht nur gegenüber der Varroamilbe und der von ihr übertragenen Krankheiten.

„Naturschutz ist gesunder Egoismus des Menschen – wir erhöhen damit unsere eigenen Überlebenschancen“
 

Richard Kaiser,
Förster und Imker